Aussetzung der Vollziehung ist nur für Zinssatz von 0,35 % pro Monat möglich
Wenn Steuerzahler Einspruch beim Finanzamt einlegen oder Klage vor dem Finanzgericht erheben, müssen sie die strittige Steuer zunächst einmal zahlen, da diese beiden Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung entfalten. Wer nicht zahlen will, kann aber einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) stellen, so dass er die Steuerschuld zunächst nicht begleichen muss, sofern ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids bestehen (summarische Prüfung). Bleiben Einspruch oder Klage nach bewilligter AdV aber endgültig erfolglos, sind neben der ausgesetzten Steuer auch Aussetzungszinsen von 6 % pro Jahr (0,5 % pro Monat) zu zahlen.
Bereits im Jahr 2021 hatte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zu Erstattungs- und Nachzahlungszinsen entschieden, dass die Höhe eines sechsprozentigen Zinssatzes ab dem Jahr 2014 verfassungswidrig war. Für Verzinsungszeiträume 2019 und später erlegte das Gericht dem Steuergesetzgeber auf, eine verfassungsgemäße Neuregelung zu schaffen. Nach der mittlerweile erfolgten gesetzlichen Anpassung wurde der Zinssatz für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen auf 0,15 % pro Monat (1,8 % pro Jahr) gesenkt.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte im Mai 2024 entschieden, dass auch der AdV-Zinssatz von 6 % pro Jahr mit dem Grundgesetz unvereinbar war. Er rief in dieser Frage deshalb ebenfalls das BVerfG an. Dem BFH-Beschluss lag der Fall eines Steuerzahlers zugrunde, der Aussetzungszinsen für den Zeitraum vom 01.01.2019 bis 15.04.2021 zahlen musste.
Nach einem neuen Beschluss des BFH können Aussetzungszinsen für Zinszeiträume ab dem 01.01.2019 wegen des anhängigen BVerfG-Verfahrens ausgesetzt werden. Das ist allerdings nicht in voller Höhe von 0,5 % pro Monat möglich, sondern nur in Höhe der Differenz zwischen dem neu geltenden Zinssatz für Nachzahlungszinsen von 0,15 % und dem aktuell noch geltenden AdV-Zinssatz von 0,5 % (somit 0,35 % pro Monat).