Grundsteuerwertfeststellung im Bundesmodell ausgesetzt
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich in zwei Verfahren mit den Bewertungsregelungen des neuen Grundsteuer- und Bewertungsrechts befasst. Er hat im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes entschieden, dass Steuerzahler im Einzelfall die Möglichkeit haben müssen, einen unter dem festgestellten Grundsteuerwert liegenden Grundstückswert nachzuweisen. In beiden Fällen bestanden Zweifel an der Höhe der festgestellten Grundsteuerwerte. Daher brauchte der BFH nicht weiter zu prüfen, ob an den Bewertungsregeln zur neuen Grundsteuer grundsätzliche verfassungs- rechtliche Zweifel bestehen.
In beiden Fällen hatten die Antragsteller beim Finanzgericht (FG) beantragt, die Grundsteuerwertfeststellungen für ihre Wohnimmobilien von der Vollziehung auszusetzen. Die angefochtenen Bescheide waren auf der Grundlage der Neuregelung des Grundsteuer- und Bewertungsrechts im Rahmen des Grundsteuer-Reformgesetzes ergangen („Bundesmodell“), das in mehreren Bundesländern Anwendung findet. Danach wird die Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer, die ab dem 01.01.2025 von den Gemeinden erhoben wird, durch Feststellung des Grundsteuerwerts auf den 01.01.2022 als einheitlichen Hauptfeststellungsstichtag ermittelt.
Das FG hatte ernstliche Zweifel an der (einfachrechtlichen) Rechtmäßigkeit der angefochtenen Grundsteuerwertbescheide und an der Verfassungsmäßigkeit der zugrundeliegenden Bewertungsvorschriften. Daher gewährte es die beantragte Aussetzung der Vollziehung. Die gegen die
Entscheidungen des FG erhobenen Beschwerden der beiden Finanzämter hat der BFH in seinen Beschlüssen als unbegründet zurückgewiesen.
Nach Auffassung des BFH bestanden bereits wegen der Höhe der festgestellten Grundsteuerwerte einfachrechtliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der streitigen Grundsteuerwertfeststellungen. Diese Zweifel ergaben sich daraus, dass Steuerzahler bei verfassungskonformer Auslegung der Bewer- tungsvorschriften die Möglichkeit haben müssen, bei der Verletzung des Übermaßverbots einen niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen. Das gilt auch, wenn ein solcher Nachweis nicht ausdrücklich gesetzlich vorgesehen ist. Der Gesetzgeber verfügt gerade in Massenverfahren über einen großen Typisierungs- und Pauschalierungsspielraum. Das Übermaßverbot kann laut BFH jedoch verletzt sein, wenn der festgestellte Grundsteuerwert erheblich über das normale Maß hinausgeht. Das heißt konkret: wenn der festgestellte Wert den nachgewiesenen niedrigeren gemeinen Wert um 40 % oder mehr übersteigt. Der BFH ist zu dem Ergebnis gekommen, dass bei summarischer Prüfung nicht auszuschließen ist, dass die Antragsteller jeweils aufgrund einzelfallbezogener Besonderheiten einen niedrigeren gemeinen Wert ihrer Grundstücke nachweisen können.
Hinweis: Eine abschließende Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit des neuen Be- wertungsrechts ist mit den BFH-Beschlüssen nicht verbunden.