Berliner Testament: Wie ein „betagtes“ Vermächtnis besteuert wird

Wie ein „betagtes“ Vermächtnis besteuert wird

In einem Berliner Testament können Ehepaare ein erst später fälliges Vermächtnis für ihre Kinder vorsehen, die beim Tod des erstverstorbenen Ehepartners nicht ihren Pflichtteil fordern. In einem solchen Fall kann der überlebende Ehepartner diese Vermächtnisverbindlichkeit (als Erbe des erstverstorbenen Ehegatten) jedoch nicht als Nachlassverbindlichkeit bei der Erbschaftsteuer abziehen. Das hat kürzlich der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden.
Laut BFH muss das berechtigte Kind den Erwerb des „betagten“ Vermächtnisses in dieser Konstellation zum Zeitpunkt des Todes des länger lebenden Ehegatten versteuern. Ist das Kind zugleich Erbe des zuletzt verstorbenen Ehegatten, kann es das Vermächtnis als Nachlassverbindlichkeit in Abzug bringen. Im Streitfall hatten Eltern zunächst ein Berliner Testament errichtet.

Hinweis: Als Berliner Testament bezeichnet man ein gemeinschaftliches Testament von Eheoder Lebenspartnern, in dem diese sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzen und bestimmen, dass der Nachlass erst mit dem Tod des zuletzt Verstorbenen an einen Dritten fallen soll.

Als Erben des überlebenden Ehegatten hatten die Eheleute ihre Tochter und drei ihrer Geschwister eingesetzt. Zwei weitere Geschwister wurden enterbt. Zudem enthielt das Testament eine „Jastrowsche Klausel“. Danach sollte ein Kind vom Nachlass des zuletzt sterbenden Elternteils nur den Pflichtteil erhalten, wenn es nach dem Tod des zuerst verstorbenen Elternteils den Pflichtteil verlangt. Diejenigen Erben, die den Pflichtteil beim Tod des Erstverstorbenen nicht fordern, sollten beim Tod des länger lebenden Ehegatten aus dem Nachlass des Erstverstorbenen ein Vermächtnis in Höhe des Pflichtteils erhalten.

Die enterbten Geschwister der Tochter machten nach dem Tod des erstverstorbenen Vaters ihren Pflichtteil geltend. Die Tochter erwarb daher beim Tod des Vaters ein entsprechendes Vermächtnis, das mit dem Tod der Mutter fällig wurde. Nachdem auch die Mutter verstorben war, setzte das Finanzamt gegenüber der Tochter Erbschaftsteuer fest. Das Vermächtnis rechnete das Finanzamt weder dem Erwerb hinzu noch wurde es als Nachlassverbindlichkeit in Abzug gebracht. Die Tochter war dagegen der Auffassung, das Vermächtnis sei bei ihr doppelt hinzugerechnet worden und daher als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig.

Laut BFH ist das Vermächtnis bei der Klägerin aber nicht doppelt besteuert worden. Der Wert des Vermächtnisses wurde zunächst einmal be-steuert, nämlich nach dem Tod des Vaters bei der Mutter als dessen Alleinerbin. Da das Vermächtnis zwar damals bereits entstanden war, aber erst beim Tod der Mutter fällig wurde, ging der Nachlass des Vaters ungeschmälert auf die Mutter über. Die Mutter konnte die Vermächtnisverbindlichkeit bei ihrem Erbe nicht in Abzug bringen, weil sie diese Schuld mangels Fälligkeit nicht zu begleichen hatte. Nach dem Tod der Mutter hatte die Klägerin das jetzt fällig gewordene Vermächtnis zu versteuern. Als Schlusserbin unterlag bei ihr außerdem der Nachlass der Mutter der Erbschaftsteuer. Dort konnte sie die dann fällig gewordene Vermächtnisverbindlichkeit als Nachlassverbindlichkeit in Abzug bringen.

Hinweis:Dass bezüglich des betagten Vermächtnisses im Ergebnis zweimal Erbschaftsteuer entstand – und zwar einmal bei der Mutter nach dem Tod des Vaters und ein weiteres Mal bei der Tochter nach dem Tod der Mutter -, ist für die Steuerzahler zwar ungünstig, laut BFH aber nicht zu beanstanden.