Familienheim: Selbstnutzung kann aus gesundheitlichen Gründen beendet werden

Selbstnutzung kann aus gesundheitlichen Gründen beendet werden

Eltern können ihren Kindern ein selbstbewohntes Familienheim  erbschaftsteuerfrei vererben, sofern die Kinder die Immobilie nach dem Erbfall unverzüglich zur Nutzung zu eigenen Wohnzwecken
bestimmen. Die Steuerbefreiung für Familienheime entfällt aber nachträglich, wenn der Erbe die zunächst erfolgte Selbstnutzung innerhalb von zehn Jahren nach dem Erbfall aufgibt. Gibt er die Selbstnutzung innerhalb dieser Frist jedoch aus zwingenden Gründen auf, bleibt die Steuerfreiheit wiederum erhalten.

Gesundheitliche Beeinträchtigungen können solche zwingenden Gründe darstellen, sofern sie dem Kind eine selbständige Haushaltsführung in dem erworbenen Familienheim unmöglich oder unzumutbar machen. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) jetzt entschieden. Im Streitfall hatte eine Tochter ein Familienheim von ihrem Vater geerbt und zunächst selbst bewohnt, war aber bereits nach sieben Jahren wieder ausgezogen, um eine Erdgeschosswohnung auf dem Nachbargrundstück zu beziehen. Anschließend wurde das geerbte Haus abgerissen. Das Finanzamt versagte nachträglich die Erbschaftsteuerbefreiung für das Familienheim. Dagegen klagte die Tochter und machte geltend, sie habe sich angesichts ihres Gesundheitszustands kaum noch in dem Haus bewegen können. Aufgrund zweier Bandscheibenvorfälle und eines Hüftleidens habe sie die schmale und enge Treppe in dem (baufälligen) Einfamilienhaus aus dem Jahr 1951 nicht mehr nutzen können. Ohne fremde Hilfe sei eine Lebensführung dort nicht mehr möglich gewesen.

Das Finanzgericht (FG) war jedoch der Ansicht, dass kein zwingender Grund für den Auszug vorgelegen habe, da sich die Tochter fremder Hilfe hätte bedienen können. Der Steuerzugriff sei somit rechtmäßig. Der BFH hat das Urteil des FG aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Nach Ansicht des BFH liegt ein „zwingender Grund“ nicht nur dann vor, wenn die Selbstnutzung unmöglich ist, sondern auch, wenn sie unzumutbar ist. Die Selbstnutzung darf zwar nicht aus reinen Zweckmäßigkeitserwägungen abgebrochen werden, beispielsweise, weil eine Sanierung des Familienheims unwirtschaftlich ist. Anders liegt der Fall aber, wenn der Erbe aus gesundheitlichen Gründen für eine Weiternutzung des Familienheims so erheblicher Unterstützung bedarf, dass nicht mehr von einer selbständigen Haushaltsführung gesprochen werden kann. Das FG muss daher nun im zweiten Rechtsgang das Ausmaß der gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Tochter klären und auf dieser Grundlage die (Un-) Zumutbarkeit der Selbstnutzung prüfen

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