Langzeitvergütungsmodelle: Wann darf das Finanzamt eine Anrufungsauskunft widerrufen?

Wann darf das Finanzamt eine Anrufungsauskunft widerrufen?

Eine Anrufungsauskunft bietet Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Möglichkeit, einen lohnsteuerlichen Sachverhalt rechtsverbindlich durch das Finanzamt klären zu lassen. Zentraler Vorteil dieser Auskunft ist, dass sich das Finanzamt an seine darin getroffenen Aussagen bindet. Setzt der Arbeitgeber den Sachverhalt wie geschildert um, darf das Finanzamt später keine Lohnsteuer nacherheben. Hebt das Finanzamt eine erteilte Anrufungsauskunft aber später mit Wirkung für die Zukunft auf, lässt sich dagegen auf dem Klageweg vorgehen. Dass ein solcher Schritt durchaus von Erfolg gekrönt sein kann, zeigt ein Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH):

Ein Arbeitgeber hatte seinen Führungskräften ein Langzeitvergütungsmodell („Long-Term-Incentive-Model“) angeboten, das variable Vergütungsbestandteile an eine nachhaltige Unternehmensentwicklung koppelte. Nach dem Modell wurde der durchschnittliche Geschäftserfolg der letzten vier Jahre mit den Vorjahren verglichen und bei positiver Entwicklung eine Vergütung gezahlt. Das Finanzamt hatte dem Arbeitgeber dazu 2011 eine Anrufungsauskunft erteilt. Danach sind Zahlungen aus diesem Modell als Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten steuerbegünstigt, so dass der Arbeitgeber nur eine ermäßigte Lohnsteuer einbehalten muss. Sechs Jahre später hob das Finanzamt die Anrufungsauskunft mit Wirkung für die Zukunft auf, weil es damals eine fehlerhafte materiell-rechtliche Beurteilung vorgenommen habe. Nach erneuter Prüfung lägen vielmehr regulär zu versteuernde Bonuszahlungen vor.

Der BFH hat entschieden, dass der Widerruf rechtswidrig war. Die Anrufungsauskunft hatte also Bestand und der Arbeitgeber konnte sein Vergütungsmodell weiterhin „lohnsteuergünstig“ fortführen. Eine rechtmäßig ergangene Anrufungsauskunft kann laut BFH nur in engen Grenzen aufgehoben werden (z.B., wenn sich die höchstrichterliche Rechtsprechung oder die allgemeine Verwaltungsauffassung zur betreffenden Rechtsfrage ändert). Dies war hier nicht der Fall. Auch gab es keine sachgerechten Ermessenserwägungen für den Widerruf. Denn nach rechtlicher Prüfung des BFH war die ursprünglich erteilte Auskunft inhaltlich durchaus korrekt gewesen.

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